Ethernet over Coax (EoC): Anwendung und Voraussetzungen
Wenn das WLAN zu schwach ist, die Powerline nicht in Frage kommt und man keine neuen Leitungen für das LAN-Kabel durch das Haus ziehen kann, dann ist das Ethernet over Coax eine mögliche Alternative. Denn Ethernet over Coax (EoC) nutzt, wie die Beschreibung schon vermuten lässt, ein vorhandenes Koaxialkabel, das normalerweise Antennensignale für das Fernsehen und Radio überträgt, für Internet- und interne Netzwerkdaten. Die gleichen Kabel liefern weiterhin auch die Antennensignale an den Fernseher und das Radio.
Wozu dient EoC?
In vielen großen Gebäuden, so in Hotels, Schulen, Seniorenheimen, Gewerbegebäuden oder großen Eigenheimen, kann die herkömmliche Lösung der Internetversorgung über einen WLAN-Router an ihre Grenzen stoßen. Durch Mauern aus Stahlbeton dringen manchmal die WLAN-Signale über größere Entfernungen nicht mehr ausreichend gut durch. Wenn also in so einem Gebäude das Internet in jedem Raum anliegen soll, setzen die Betreiber in der Regel auf eine zusätzliche Verkabelung, die teuer und nur aufwendig zu installieren ist. Wenn aber in sehr vielen Räumen schon ein Antennenanschluss anliegt, ist das überflüssig, denn Ethernet over Coax überträgt ebenfalls die Netzwerksignale. Die Antennenkabel dienen in diesem Fall als Datenleitung.
Man unterscheidet je nach Einsatzgebiet bei EoC zwei verschiedenen Varianten: Die Peer-to-Peer-Variante kommt vor allem bei Einfamilienhäuse zum Einsatz, während man auf die Master/Endpoint-Topologie eher bei größeren Installationen, wie Hotels oder Wohnheime, zurückgreift.
Voraussetzungen für Ethernet over Coax
- ausreichende rückkanalfähige TV-Verteilerdosen ohne Filter
- Kenntnisse zur Verkabelung oder Inanspruchnahme einer Fachfirma
- Zeitaufwand für ein bis zwei Anschlüsse rund 30 Minuten
- Budget für ein größeres Eigenheim oder ein mittelgroßes Gewerbegebäude ab ~350 Euro, in wesentlich größeren Gebäuden (Hotel, Schule) auch darüber
- EoC-System
- für größere Gebäude Erweiterungsmodule
- Internetzugang, Router und Endgerät (PC, Tablet oder Laptop)
Vorteile und Nachteile von Ethernet over Coax
Der grundsätzliche Vorteil bei Ethernet over Coax besteht darin, eine schon vorhandene leistungsfähige Datenleitung für die Internetversorgung in jedem Raum des Gebäudes zu nutzen. Es kann aber auch Nachteile beim Datendurchsatz geben. Die Vor- und Nachteile von Ethernet over Coax lassen sich im Detail so darstellen:
Vorteile
- EoC überwindet Grenzen des WLANs vor allem in großen Gebäuden mit Stahlbetonmauern.
- In solchen Gebäuden liegen in sehr vielen Räumen geeignete Antennenanschlüsse an, sodass keine Neuverkabelung erforderlich ist.
- Zwischengeschaltete WLAN-Repeater können das Gebäude restlos mit WLAN-Signalen versorgen.
- Ethernet over Coax ist sicherer und stabiler als die Datenübertragung über die Stromleitung, die es auch gibt (Powerline). Die Stromkabel verursachen relativ hohe Datenverluste, weil sie im Gegensatz zu Koaxialkabeln nicht abgeschirmt sind. Das macht sich vor allem auf längeren Datenstrecken bemerkbar, auf die es ja gerade ankommt. Außerdem ist das Stromnetz anfällig gegenüber Hackerangriffen, weil es in die Außenwelt führt, während die Antennenkabel nur im Gebäude selbst ausliegen.
- Für EoC sind einmalige Kosten erforderlich, danach läuft das System praktisch wartungsfrei.
Nachteile
- Da Ethernet over Coax ein Shared Medium ist, reduziert sich im Halbduplexbetrieb die Übertragungsrate. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Koaxialkabel wirklich gleichzeitig noch für Radio- und Fernsehsignale genutzt werden.
- Wenn das Ethernet zu den Radio-/TV-Signalen hinzukommt (sogenannte "Huckepacklösung"), könnten unter Umständen neue Einstellungen der Antennenanlage nötig sein. Dies muss ein Techniker prüfen, aber nur dann, wenn das EoC bei gleichzeitigem Radio-/TV-Empfang nicht auf Anhieb funktioniert bzw. Letzterer nach der Installation eingeschränkt ist.
- Unterschiedliche Koax-Stränge können einen Einfluss auf die Verbindung haben. Bestimmte Kombinationen von TV-Steckdosen können dabei besser oder schlechter funktionieren. Der Durchsatz kann dabei von 950 Mbit/s bis zu 600 Mbit/s variieren, je nachdem wie gut die Verbindung ist.
- Evtl. Austausch der TV-Dosen nötig
- EoC-Adapter kosten im Betrieb fortlaufend Strom, bei durchschnittlich 2 Watt und 30 Cent je Kilowattstunde, etwas über 5 Euro pro Jahr pro Gerät (genaue Werte abhängig von eingesetzten Modellen)
Übertragungsnormen
Möchte man den Datentransfer über das TV-Kabel implementieren, wird man bei der Auswahl der EoC-Adapter auch irgendwann mit den unterschiedlichen Übertragungsnormen konfrontiert. DA wäre auf der einen Seite beispielsweise die Übertragungsnorm G.hn und auf der anderen MoCA.
G.hn, bzw. auch unter als HomeGrid-Standard bezeichnet, ist eine technische Norm von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) und wird vor allem in Europa genutzt. Der Standard unterstützt die digitale Vernetzung über Strom-, Telefon- und Kabelfernsehkabel mit Datenübertragungsraten von bis zu 3 Gbit/s. Hierbei gilt es beim Kauf aufzupassen, denn G.hn gibt es in zwei Versionen. G.hn Wave 1 schafft nämlich lediglich eine Bruttodatenrate von 1 Gbit/s, während G.hn Wav2 auf eine Bruttorate von maximal 3 Gbit/s und einem Nettodurchsatz von bis zu 1,7 Gbit/s schafft. Zu beachten ist aber dabei, dass ein Gigabit-Ethernet-Port maximal 950 Mbit/s weitergibt.
MoCA wird hingegen vor allem in Nordamerika genutzt und steht als Abkürzung für Multimedia over Coax Alliance. Gegründet wurde die MoCA im Jahr 2004 und umfasst über 100 Hersteller, darunter AT&T, Broadcom, Samsung, Infineon oder auch Intel. Die aktuellste Version der Norm ist MoCA 2.5, die eine Übertragungsrate von bis zu 2,5 Gbit/s bietet. Das kommende MoCA 3.0 soll gar bis 10 Gbit/s bieten. Allerdings funktionieren jenseits der 2 Gbit/s nicht mehr parallel die anderen Dienste, wie beispielsweise Digital-TV (DVB-S für Satelliten-TV oder DVB-C für Kabel-TV), weil in diesem Fall die Datenübertragung das komplette Koax-Spektrum belegt. Man müsste sich also dann entscheiden, welchen Dienst man nutzen möchte. Da lineares TV immer an Bedeutung verliert, wird die Wahl zukünftig wahrscheinlich auf Ethernet fallen, insbesondere weil man ja TV auch über IPTV bekommen kann.
Mit welchen Kosten ist für ein EoC-System zu rechnen?
Die oben genannte Angabe von rund 350 Euro ist eine pauschale Schätzung für die Versorgung eines weiteren Raumes und auch benachbarter Räume über das WLAN. Kosten ergeben sich durch die EoC-Modems/EoC-Adapter und gegebenenfalls durch Zwischenstecker. Die einzelnen Modems/Adapter unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Frequenzbereiche, der Transferrate und des Aufbaus allein über Ethernet oder mit zusätzlichem WLAN. Letzteres ist immer zu empfehlen.
Ein Modem/Adapter ist für rund 150 Euro erhältlich, zwei sind mindestens erforderlich. Eines wird per Ethernetkabel mit dem Router und per Koaxialkabel mit dem SAT-Multischalter oder der Antennendose verbunden. Haushalte mit Kabelfernsehen benötigen noch einen Zwischenstecker (Hochpassfilter), der aber nur wenige Euro kostet. Das zweite Modem/Adapter kommt an die Antennendose desjenigen Raumes, in welchen das Internet übertragen werden soll. Der Fernseher bzw. der Satellitenreceiver können wie gewohnt betrieben werden.
Wer Kabelfernsehen oder DVB-T-Empfang nutzt, kann das Antennensignal durch das EoC-Modems durchschleifen. Ohne Kabelnetz erfolgt der Modemanschluss mit einer Weiche TZU 40-03, auch diese ist nicht sehr teuer. Mit diesen Kosten (in der Regel etwas unter 350 Euro) lässt sich ein weiterer Raum mit Internet versorgen. Die moderneren EoC-Modems sind WLAN-fähig und schicken auf diese Weise das Internet in benachbarte Räume. Wenn das Gebäude aber sehr groß ist (Schule, Hotel, größeres Gewerbegebäude etc.), gibt es die beiden Lösungen, mehrere EoC-Modems auf viele Räume mit Antennenanschluss zu verteilen (jeweils Zusatzkosten von ~150 Euro) oder an die Modems zusätzliche WLAN-Router anzuschließen, die benachbarte Räume versorgen (pro Router ab 80 bis 100 Euro).
Auf was ist beim EoC-Adapter Kauf zu achten?
Wenn im aktuellen Heim schon das Koax-Netz von mindestens einem Dienst belegt ist, also Kabel-TV (DVB-C/DVB-C2) oder Satelliten-TV (DVB-S/DVB-S2), dann muss vor dem Kauf der richtige Adapter gewählt werden, damit sich beide Dienste nicht in die Quere komme.
Die nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick darüber, welche Konstellation der Dienste unter Berücksichtigung der eingesetzten Übertragungsnorm funktionieren sollten:
|
Koax frei |
DVB-C |
DVB-S |
G.hn Wave 2 |
✓ |
✓1 |
✓ |
G.hn Wave 2 erweitert |
✓ |
✗ |
✗ |
MoCA 2.5 |
✓ |
✓2 |
✓3 |
MoCA 3.0 |
✓ |
✗ |
✗ |
1 Filter zwischen Hauseinspeisung und Inhaus-Verteiler nötig
2MoCA im D-Band, DVB-C nur bis 1 GHz
3MoCA im E-Band
Quelle: c't Ausgabe 4, S. 24
Fazit
Ethernet over Coax ist eine moderne, leistungsfähige und sichere Lösung für die Internetversorgung. Schon beim Kauf ist allerdings auf das ein und andere zu achten, damit am Ende das Internet ankommt und das Fernsehen weiterhin funktioniert. Darüber hinaus funktioniert die EoC-Installation nur dann ohne Probleme, wenn die Koax-Verteilung im eigenen Haus vom Netz des Kabel-TV-Anbieters getrennt ist. Sonst kann das EoC-Signal nämlich in das Providernetz hinüberschwappen und dort beispielsweise das Kabel-Internet oder TV des Nachbarn stören. Das gibt nicht nur Ärger mit dem Nachbar, sondern kann auch zu finanziellen Konsequenzen führen. Findet der Provider-Techniker nämlich Sie als Verursacher der Störung heraus, kann dessen Rechnung samt einer Unterlassungsaufforderung des Provider-Anwalts bei Ihnen landen. Um solch einen Fall also vorzubeugen, sollte man lieber gleich auf eine Fachfirma für die EoC-Installation zurückgreifen.
Quellen und Verweise:
- c't Ausgabe 2 vom 03.01.2022 - Passagier im Koax: EoC-Adapter für Datentransfer über TV-Kabel
- c't Ausgabe 4 vom 29.01.2022 - Freie Nebenstrecken: Alternative Wege für die Internetverteilung im Haus
- https://mocalliance.org/
Artikel vom 06.02.2022
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